Der Eunuch by Tralow Johannes

Der Eunuch by Tralow Johannes

Autor:Tralow, Johannes [Tralow, Johannes]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2014-01-06T23:00:00+00:00


17

„Stell dich nicht so an, Miriam. Wenn du eine feine Dame sein willst, mußt du dir auch die Troddeln auf der Schnauze gefallen lassen.“

Das sagte Julienne ohne Rücksicht darauf, ob Miriam auch wirklich eine feine Dame sein wolle. Miriam wollte es keineswegs und wehrte sich gegen diese Unterstellung dadurch, daß sie besagte Schnauze in die Luft warf und schnaubte.

„Die Hanum sollte Nuuman nehmen“, rief Seineb. Sie war ein vierzehnjähriges Küchenmädchen. Nach Glanz verlangte es sie - für sich natürlich, aber auch für die Herrin, der sie, obwohl sie zur Kritik neigte, nicht abgeneigt war. „Er stampft schon, der Nuuman“, fügte die Kleine noch hinzu, „weil er hinauswill, stampft er.“

Für den hochbeinigen südarabischen Eselhengst aus dem edlen Blute von Maskat hatte sie eine Vorliebe, fast Verehrung. Natürlich stand er ganz allein für sich in seiner eigenen Box, und in sein wundervolles, gepflegtes, nahezu weißes Fell waren an den Beinen zierliche Ornamente eingeschoren.

Trotzdem wollte Julienne ihn nicht. Nuuman war wertvoller als ein Pferd von Geblüt, und wenn der Esel mit seinem schnellen, harten Tritt hochmütig die Straßen durcheilte, fiel er auf - sein Reiter oder gar seine Reiterin mit ihm. Das aber war es gerade, was Julienne nicht wollte. Lieber nahm sie davon Abstand, ihre brave, völlig stammbaumlose Eselin mit einem geknüpften Stirnnetz und bunten Troddeln zu schmücken. Über die Jahre der Eitelkeiten war Miriam hinaus. Sie war erst zufrieden, als man ihr das gewohnte Geschirr aus Stricken und einigen Stückchen Leder anlegte. Ein Markt- und Küchenesel war sie — zu etwas anderem ließ sie sich nicht gebrauchen, und ihren Eigensinn zu reizen, war nicht ratsam. Einen Sattel hätte sie sich niemals auflegen lassen, wohl aber Säcke. So mußte es denn ein Heusack tun, der ihr zu beiden Seiten herniederhing und auf den die Hochgeborene sich nun schwang. So war es gut. Es hätte nicht des gellenden „Yalla, yalla“ Seinebs bedurft, um sie anzutreiben. Sie klapperte auch so schnell genug dahin.

Mit geringer Begeisterung folgte Seineb auf Miriams Sohn der Herrin. Für sie war ein Ritt in die Stadt ein Ereignis, nur hätte sie sich ihren Einzug festlicher gewünscht: in den Sätteln zweier Maskatesel, sie selbst in ihrer roten Hose, dem blauen Kittel, mit weißem Kopftuch, eben solchem Schleier und mit einem Stöckchen aus fremdländischem Rohr zum Antreiben in der Hand. Statt dessen waren Kopftuch und Schleier schwarz wie die der Hanum und alles andere auch. Wie zwei Landmädchen, die zu Markt ritten, waren sie anzuschauen.

Den Eseln machte das nichts aus. Sie kannten den Weg und waren durch nichts zu beirren. Durch die Viertel von Ejub und Blachernen ging es immer tiefer hinein ins Gewirr der Straßen und Menschen bis zum Besestan, zum Basar. Dort harrte auf Seineb eine neue Enttäuschung. Julienne stieg ab und bedeutete ihr, mit den Eseln auf ihre Rückkehr zu warten. Unbefriedigt in ihrer Eitelkeit wie in ihrer Neugier sah Seineb mißfällig, wie ihre Dame im Basar untertauchte und sogleich auch schon verschwunden war, als sei sie nie gewesen. Keine Ahnung hatte Seineb gehabt, was dieser Ritt bezwecken solle, aber sich der Erwartung hingegeben, das Geheimnis mit der Gebieterin teilen zu dürfen.



Download



Haftungsausschluss:
Diese Site speichert keine Dateien auf ihrem Server. Wir indizieren und verlinken nur                                                  Inhalte von anderen Websites zur Verfügung gestellt. Wenden Sie sich an die Inhaltsanbieter, um etwaige urheberrechtlich geschützte Inhalte zu entfernen, und senden Sie uns eine E-Mail. Wir werden die entsprechenden Links oder Inhalte umgehend entfernen.